Hanser Verlagsabend
Abbas Khider und Martin Kordic zu Gast
Über 50 Gäste kamen am Abend des 18. Februar ins Random House Libresso zum Hanser Verlagsabend: Im Gespräch mit seinem Lektor Martin Kordic stellte der deutschsprachige Schriftsteller Abbas Khider seinen neuen Roman «Ohrfeige» vor.
Khider, geboren 1973 in Bagdad, floh 1996 aus dem Irak und lebt nach einer beinahe 5 jährigen Odyssee seit 2000 in Deutschland. Dass er damit nicht in einen «sicheren Hafen» angekommen ist, lässt sich nach der Lektüre seines neuen Romans «Ohrfeige» erahnen. Wie in seinen bei der Edition Nautilus zuvor erschienenen Romanen «Der falsche Inder» (2008), «Die Orangen des Präsidenten» (2011) und «Brief in die Auberginenrepublik» (2013) tauchen in «Ohrfeige» ebenfalls die für Khider typischen Themen und Motive auf: Folter, Flucht, Liebe und Literatur. Auch diesmal gelingt es Khider, seine Themen mit neuen Facetten und Perspektiven darzustellen, so dass die Lektüre von «Ohrfeige» wie jedes seiner Bücher, neue Erkenntnisse und Eindrücke vermittelt.
Anders als die vorherigen Bücher, erzählt «Ohrfeige» nun vom Leben als Flüchtling in Deutschland nach der eigentlichen Flucht. Obwohl Khider immer wieder mit seinem ironischen, herzlichen Humor aufwartet, ist das, was den Leser erwartet, verstörend. Zum einen zeigt der Autor, wie schwierig das Leben der Flüchtlinge in Deutschland ist. Es ist geprägt von existentiellen Sorgen über den Aufenthaltsstatus, von Geldnöten und Verständnisschwierigkeiten, der Willkür der Residenzpflicht sowie vom befremdlichen Leben in einer fremden Gesellschaft, die, wenn Du Glück hast, Dich zwar als Flüchtling aufnimmt, die Dich aber trotzdem, «geschützt» durch absurde Gesetze niemals als wirklichen Teil der Gesellschaft akzeptiert, geschweige denn integrieren lässt, von Dir aber permanent Integration einfordert. Langeweile sowie Perspektivlosigkeit bestimmen zu einem großen Teil das Leben.
Allein, Khiders Blick geht noch weiter und was er noch zeigt, mag uns ebenfalls kaum gefallen. Er zeigt, dass Flüchtlinge ganz normale Menschen sind. Mit einem jegliche Verklärung bekämpfenden Realismus räumt Khider mit dem Klischee auf, Flüchtlinge sind Helden, wie wir sie uns wünschen: Intellektuelle, Schriftsteller, Ärzte, politische Aktivisten für Menschrechte oder Meinungsfreiheit. …Flüchtlinge können einfach auch Lügner, Kriminelle, Faule, Bornierte und Kiffer sein. Ganz so, wie es sie in jeder Gesellschaft gibt. Das so darzustellen, ist an keiner Stelle unsolidarisch, denn Khider öffnet einerseits damit den Spiegel zu «unseren» Projektionen und anderseits öffnet es ein Verständnis zu den Flüchtlingen: Die Menschen, die zu uns kommen, sind Menschen, wie wir. Sie wollen einfach nur Leben, aber dort, wo sie herkommen, ist das unmöglich. Deshalb entscheiden sie sich zu einer lebensgefährlichen Flucht. Erst durch das, was sie dabei erleben, werden sie zu Helden. Erzwungenermaßen. Mit dieser Erkenntnis beginnt Solidarität wirklich.
Vielen Dank, lieber Abbas Khider und lieber Martin Kordic für diesen sehr schönen gelungenen Abend der Begegnung. Natürlich auch ein ganz großes Dankeschön an den Hanser Verlag, der diesen Abend ermöglichte und u.a. mit vielen Leseexemplaren unterstützte.