schöffling & co mit autor bernd messinger zu gast
«Das Jahr der Revolte. Frankfurt 1968»
Dass das Thema «1968» in diesem Jahr (nicht nur) im Buchhandel sehr präsent ist, kann angesichts eines Ereignisses, um das sich zahlreiche Mythen ranken und das bis heute kontrovers diskutiert wird, kaum überraschen. So nutzten denn auch etwa 30 Auszubildende die Möglichkeit, die sich durch die Abendveranstaltung mit dem Verlag Schöffling & Co. aus Frankfurt am Main ergab. Mit Bernd Messinger, der zusammen mit dem Journalisten Claus-Jürgen Göpfert «Das Jahr der Revolte. Frankfurt 1968» geschrieben hat, war ein Zeitzeuge zu Gast, der «1968» als Schüler in Frankfurt erlebt und sich für sein lesenswertes Buch noch einmal intensiv mit den Ereignissen beschäftigt hat und zahlreiche andere Zeitzeugen befragen konnte.
Messinger, der u. a. für die Grünen im hessischen Landtag gesessen hat und nach vielen Stationen in der Frankfurter Kommunalpolitik aktuell Büroleiter im Umweltdezernat der Stadt Frankfurt ist, kam in Begleitung von Patrick Hutsch, seit Anfang des Jahres Verlagsleiter bei Schöffling & Co., für den die Abendveranstaltung neben der eigentlichen Thematik persönlich ebenfalls eine kleine Zeitreise bedeutete. Der gelernte Buchhändler Hutsch war Mitte der 90er Jahre Schüler an der damaligen Buchhändlerschule.
In seinem dichten Vortrag gelang es Messinger von Anfang an, die Atmosphäre einzufangen, die vor 50 Jahren in Frankfurt und der hiesigen Universität zu spüren war. So beschrieb er die gesellschaftlichen Verhältnisse der ausgehenden 50er Jahre ebenso wie die in dieser Zeit vor allem bei jungen Menschen vorherrschende Empörung über ehemalige Nationalsozialisten in herausgehobenen Positionen in Schule und Universität. Dabei ging der Zeitzeuge und Autor durchaus selbstkritisch mit sich und der «68ern» ins Gericht, die er zum Teil in ihrer Art als «selbstsicher und überheblich» beschrieb, und sparte Schattenseiten von «1968» wie die Rote-Armee-Fraktion (RAF) keineswegs aus. Einen Eindruck von dem Buch konnten die Auszubildenden durch Messingers Lesung aus seinem Kapitel über die Frauenbewegung um 1968 bekommen, die Messinger gekonnt vorlas.
Zum Ende seines Vortrags gelang dem Autor, eine Brücke in die Gegenwart und zur heutigen Bedeutung von «1968» zu schlagen. Mit ein wenig Bitterkeit stellt er dabei fest, dass das Thema Revolte momentan weniger von links als von rechts besetzt sei. Die politische Rechte habe Aktionsformen von «1968» und den damaligen Anspruch gesellschaftliche Strukturen aufzubrechen gekapert. Er schloss mit einem Plädoyer, die Gesellschaft möge sich nicht zu sicher fühlen wegen des damals erreichten emanzipatorischen Fortschritts und diesen vielmehr verteidigen.
Nach Messinger stellte Patrick Hutsch den Auszubildenden den Verlag Schöffling & Co. vor. Der Verlag wurde 1993 von Klaus und Ida Schöffling gegründet. Neben Sachbüchern gehört vor allem Literatur junger, deutschsprachiger Autoren – darunter viele Debuts – zu den Schwerpunkten des Programms. Seit 23 Jahren erscheint im Verlag zudem der literarische Katzenkalender, der mittlerweile eine Art Markenzeichen von Schöffling & Co. darstellt. Dass der Verlag nicht nur literarisch einen hohen Anspruch an die verlegten Bücher hat, konnte Hutsch schon durch benutzte Materialien, Gestaltung und Herstellung von «Das Jahr der Revolte» zeigen.
Im Anschluss an die Veranstaltung saßen Autor und Verlagsleiter noch sehr lange mit den Auszubildenden zusammen und diskutierten intensiv über das Jahr 1968, das vorgestellte Buch und die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation. Für die Schüler hatte der Verlag zudem Leseexemplare von «Das Jahr der Revolte» mitgebracht. Wir danken Bernd Messinger, dem Verlag Schöffling & Co. und Patrick Hutsch für den großartigen Abend und die schönen Leseexemplare.