Ein Roman voller bissiger Komik zum Abschluss der Seckbacher Festspielwochen
Abendveranstaltung mit Angela Lehner und Hanser Berlin
Am 07.09.2021, zur üblichen Zeit zwischen 19:00 und 20:15 Uhr, fand am mediacampus frankfurt die letzte Abendveranstaltung der Seckbacher Festspielwochen statt. Mit großer Vorfreude haben wir uns (über 90 Teilnehmer:innen) über Zoom mit der Autorin Angela Lehner und ihrer Verlagslektorin Julia Graf vom Verlag Hanser Berlin zu einer Lesung und anschließenden Fragerunde zu ihrem Zweitwerk „2001“ getroffen. Lehners Erstwerk „Vater unser“ wurde mit Literaturpreisen überhäuft, was ungewöhnlich für ein Debüt ist. Dementsprechend gespannt waren wir auf 2001. Darin geht es um den Freundeskreis der fünfzehnjährigen Julia, einer Hauptschülerin aus Tal und um ein politisches Experiment.
Nach der Anmoderation übergab Osama Ishneiwer zuerst Julia Graf das Mikrofon. Sie ist mit Leidenschaft Lektorin und betont, die Beschäftigung mit Literatur sei immer Horizonterweiterung. Angela Lehner, 1987 in Klagenfurt geboren und aufgewachsen, studierte Literaturwissenschaft in Wien und wohnt nun in Berlin.
Nach der kurzen Vorstellung gab es gleich den ersten, lustigen Auszug, vorgetragen auf Lehners trockene und zugleich humorvolle Art. Das Publikum wird in das winterliche Tal mitgenommen, wo „Kacke“ „allgegenwärtig“ ist.
Danach folgte ein interessantes Gespräch zwischen Lektorin und Autorin. Die Frage, ob sie von Anfang an wusste, dass Ort und Zeit der Handlung das österreichische Tal und das Jahr 2001 sein sollen, verneint die Autorin, jedoch ist der Roman auch von ihrer eigenen Jugend inspiriert. Das Experiment weckt sofort Erinnerungen an „Die Welle“ von Morton Rhue , der bereits zwei Mal am mediacampus zu Gast war, oder den Film „Club der toten Dichter“. Laut Angela Lehner ist das ein berechtigter Vergleich. Obwohl das Experiment anders als geplant verläuft, löst es etwas in den Jugendlichen aus. Die interessieren sich eigentlich nur für „Saufen und Musik“ werden aber jetzt gezwungen, Haltung zu politischen Themen einzunehmen.
Insgesamt werden in dem Roman gesellschaftspolitische Themen angesprochen. Beispielsweise in den Gedanken der toughen und sprachwitzigen Protagonistin Julia, wenn sie sowohl reiche deutsche Touristen als auch Österreicher hämisch kommentiert. Ihre Wut über soziale Ungerechtigkeit wird auch in ihrer Lieblingsmusik Hip-Hop und Rap deutlich. Dies trifft auf die gesamte Jugendgruppe zu, die – auch für die Lehrer – „Restmüll“ ist.
Der Drang, 2001 zu verfassen entstand übrigens nur, weil Angela Lehner auf Anfrage eine Anthologie über ihre eigene Jugend in einem österreichischen Dorf schrieb. Besonders reizvoll fand sie, dass die Jugendlichen sich selbst überlassen sind und es in dieser Vor-Smartphone-Zeit ohne Social Media kaum Anschluss an die „große weite Welt“ gibt. Bei Lehners Überlegungen war dann schnell Julias Stimme da.
Während der gesamten Veranstaltung herrschte eine familiäre Atmosphäre. Schnell wurde klar, wie eng das Verhältnis der beiden ist. Verständlich, wenn man bedenkt, dass Lehner mit Grafs Kindern an einem Tisch saß und Käsebrot aß. Darüber hinaus leistet Graf als Lektorin wertvolle Arbeit: Wie ein Bluthund treibt sie, laut eigener Aussage, in die Ecke bis alle Ungereimtheiten geklärt und Charaktere detailliert und authentisch sind.
Die Veranstaltung endete mit der Beantwortung offen gebliebener Fragen und einer allseits herzlichen Verabschiedung. Vielen Dank an Frau Lehner, Frau Graf und unseren Moderator Herrn Ishneiwer für eine interessante letzte Abendveranstaltung im 219. Schulblock.
Bericht von Farina Genzen und Diana Davidoff